Kutterwanderfahrt nach Kirchmöser

Auch im Sommer 2018 gingen wir mit dem Kutter auf Reisen. Nach über 20 Jahren sollte es mal wieder eine Wanderfahrt stromab geben. In der letzten Woche der Sommerferien fuhren wir fünf Tage die Elbe stromab, dann über den Elbe-Havel-Kanal auf den Plauer See um dort zwei Tage ausgiebig zu segeln. Aufgrund des überwiegenden Nordwestwindes und des niedrigen Wasserstands der Elbe, konnte auf der Elbe leider nicht gesegelt werden. Der Rücktransport erfolgte dann über Land. Unterwegs schrieb die vierköpfige Besatzung Tagebuch:

Samstag, 04.08. (Nils)

Halbwegs pünktlich legten wir um 11:00 im Loschwitzer Hafen ab. An Land und auf dem Steg erschien die Hitze unerträglich, aber später auf dem Wasser mit Fahrtwind und dem sehr professionell gespannten Tarp hielt sich die Hitze in Grenzen. Die erste Hälfte steuerten vorwiegend Tom und Tobias. Ab und zu spendeten ein paar Wolken ein wenig Schatten. Gegen Mittag (14:00 Uhr) passierten wir Meißen, wo Oskar und ich dann das Steuer übernahmen. Kurz darauf gab es wanderfahrttypisches Mittagessen mit viel Gemüse, Zwiebel und Brot. Je später es wurde, desto angenehmer wurde das Wetter. Weniger Sonne, mehr Wind und trotzdem noch warm. Gegen Abend errichten wir dann auch Belgern, um zügig Abendbrot zu essen. Nach dem vorzüglichen Eintopf von Tom und Oskar machen wir uns bettfertig, die Plane über den Kutter, um uns schließlich schlafen zu legen.

Sonntag, 05.08. (Oskar)

Heute am zweiten Tag unserer Fahrt fahren wir weiter nach Wittenberg. Vormittags habe ich die meiste Zeit geschlafen. Als ich wieder aufgewacht bin, gab es Mittagessen, eine halbe Zwiebel, Brot, Gurke mit Salz und viel Pfeffer, sowie Käse und Minisalami. Nils hat uns dann einen Zaubertrick mit einer Leine gezeigt, der anfangs schwer nachzuvollziehen war. Nachmittags waren dann Nils und ich zum Steuern eigeteilt. Als wir in Wittenberg angekommen sind, haben wir Nils‘ Zelt aufgebaut. Ich fand es mega cool, weil man es in einer Minute aufbauen konnte und zwei Leute darin Platz haben. Zum Abendbrot gab es Nudeln mit Tomatensoße und Käse. Die Nudeln konnten nicht nicht schmecken. Wir sind am Abend noch in der Buhne baden gegangen. Nach dem anschließenden Duschen ging es dann ins Bett.

Montag, 06.08. (Nils)

Wir sind heute gegen 8:00 bereits aus dem Bett bzw. Zelt gewesen, um auch relativ zeitig Frühstück zu essen. Wie immer wurde vorwiegend süß gegessen und für mich gab es dann auch noch Toast mit Gurken, Salz und ganz viel Pfeffer. Schon jetzt konnte man erkennen, dass der Tag sehr warm werden würde. Also gingen Tobias, Oskar und ich kurz vor der Abfahrt noch einmal in der Buhne baden. Die Fahrt verlief bis auf ein paar Grundberührungen mit dem Schwert zwischen Piesteritz und Coswig (Anhalt) recht unspektakulär. Hinter Coswig folgte zur Abkühlung erstmal eine Badepause. Bald darauf war schon das ehemalige Kraftwerk Vockerode in Sicht. Die Hitze war durch das Tarp erträglich und bald näherte sich das spektakuläre Ende unserer heutigen Etappe in Aken. Zuerst versuchten wir bei einem Segelclub anzulegen, aber knietiefes Wasser hinderte uns daran. Der Kutter lief komplett auf und Tom musste uns vom Wasser aus wieder zurück in das tiefere Wasser schieben. Tom diente uns weiterhin als Lot und so fanden wir dann auch den Weg an den Steg des Köthener Kanu-Clubs. Anschließend gingen wir noch einkaufen und tanken. Nach einem schmackhaften Eintopf von Tom legten wir uns dann schließlich schlafen.

Dienstag, 07.08. (Oskar)

Heute sind wir 75 km von Aken bis nach Rogätz gefahren. Hinter der Saalemündung und der sehenswerten Eisenbahnbrücke in Barby machten wir wie gestern eine Badepause. Hier ist die Elbe wieder etwas tiefer, sodass wie keine Grundberührungen hatten. Interessant war heute die Stromschnelle am Magdeburger Domfelsen. Bald darauf kam schon das Wasserstraßenkreuz Magdeburg in Sicht. So eine Kanalbrücke ist schon ganz schön riesig. Als wir gerade darunter hindurchfuhren, fuhr auch gleichzeitig ein Schubverband oben über die Brücke. Von der benachbarten Autobahnbrücke hupten uns einige LKW freundlich zu. Hinter der Fähre in Rogätz suchten wir uns dann eine Buhne zum Übernachten. Die Buhne war deutlich tiefer als die Buhne des Köthener Kanu-Clubs in Aken, sodass das Anlegen ganz einfach war. Nach dem Aufbau des Zeltes kochten wir unser Abendbrot.

Mittwoch, 08.08. (Nils)

Nachdem wir unseren äußerst idyllischen Ankerplatz verlassen mussten, legten wir noch eine Strecke von 20 Kilometern auf der Elbe zurück. Dabei legten wir schon die beiden Masten des Kutters, da dann auf dem Kanal die Durchfahrtshöhen der Brücken nicht ausreichend sind. Am Elbkilometer 371 verlassen wir unsere Elbe und gelangen in den Pareyer Verbindungskanal, um das erste Mal auf dieser Fahrt zu schleusen. Das Anlegen am Steg vor der Schleuse war nicht so einfach, da der Steg schon fast trocken lag. Nach einer halben Stunde Wartezeit konnten wir den Höhenunterschied von 80 cm überwinden. Danach mussten wir 30 km Strecke auf dem Elbe-Havel-Kanal zurücklegen. Währenddessen begegneten wir mehreren Frachtkähnen und diskutierten über die Formen der Brücken der Schiffe. Die waren doch alle recht verschieden. Bis zur zweiten und letzten Schleuse unserer Fahrt, der Schleuse Wusterwitz, fuhr vor uns ein Frachtkahn, mit dem wir dann zusammen in der Schleuse Wusterwitz ca. 4 Meter nach unten geschleust wurden. Merkwürdigerweise wies uns die Schleusenwärterin darauf hin, dass wie die Leitern in der Schleuse nicht benutzen dürfen. So weichten wir auf die benachbarten Poller aus. Der Frachtkahn vor uns vergaß aber seine Heckleine beim Schleusen zu lösen, sodass diese dann mit einem lauten Knall riss. Nach Querung des Wendt-Sees begann es an der Seegartenbrücke stark zu regnen. Bereits vorher gab es in der Ferne immer mal kurze Gewitter. In diesem starken Regenschauer hatten wir ganz schön zu tun, den Steg des Eisenbahner-Segelvereins Kirchmöser zu finden. Nach dem Anlegen erfolgte eine etwas sehr spezielle Unterhaltung mit dem „stellvertretenden“ Hafenmeister und ein spätes, aber schmackhaftes Abendbrot von Tom.

Donnerstag, 09.08. (Oskar)

Wir sind heute fabelhafterweise Segeln gegangen. Es hat Spaß gemacht, aber es war etwas wenig Wind. Ich habe die Fock, Nils das Großsegel und Tom den Besan bedient. Tobias hat gesteuert. Von Kirchmöser kreuzten wir über den Plauer See in östliche Richtung. Vor dem Mittagessen bargen wir die Segel und badeten kurz. Zum Mittagessen gab es das übliche, danach noch Melone. Der Weg zurück nach Kirchmöser ging etwas schneller, da wir auf Vorwindkurs fahren konnten.

Am Abend gab es Nudeln und in der Zeit, wo die Nudeln kochten und Tom keinen Helfer mehr brachte, haben Nils und ich noch Boote angeschaut. Da sind schon viele verschiedene Bootsklassen am Steg vertreten. Als wir dann gegessen haben, fing es an zu gewittern.

Freitag, 10.08. (Tom)

Entgegen den Erwartungen weckte uns nicht, wie die Tage zuvor, die Sonne, sondern der Wind. Anstatt einer dunklen Bio-Sauna war der Kutter eine wohltemperierte Schlafstätte mit ungewöhnlichem Lichtrhythmus.

Nach einem ausgedehnten Frühstück mit einem 750 g Toastbrot für 4 Personen ging es kurz vor dem Mittag zum Segeln. Das Wetter war für meinen Geschmack sehr angenehm. Der Tag bestand am Himmel aus Wolken und phasenweisem Sonnenschein. Nach den letzten Tagen eine angenehme Abwechslung. Der Wind jedoch war den Tag über größtenteils konstant mit einigen wachrüttelnden Böen.

Der Wind kam heute aus der entgegengesetzten Richtung als gestern. Vor dem Wind fuhren wir den Plauer See Richtung Brandenburg und kreuzten dann den Breitlingsee hinauf. Das Segeln ging in einer gewissen Gemütlichkeit über die Bühne, dies war aus irgendwelchen Gründen sehr zum Missfallen der stürmischen Jugend.

Das Lernen blieb nicht aus, wie auch die Lektion „Was mache ich, wenn ich auf eine nicht eingezeichnete Sandbank fahre“. Durch zwei Trainingseinheiten war ich wieder sauber und kann jetzt auch Kutter entern. Das Mittagessen, was eigentlich Vesper genannt werden müsste, ging wie die letzten Tage über die Bühne, ebenso der kurze anschließende Mittagsschlaf der Mannschaft, natürlich ausgenommen des Kutterführers Tobias.

Nachdem wir wieder im Hafen ankamen, ging ich schon fast routinemäßig einkaufen. Heute haben wir erfahren, dass es im Verein drei Gästefahrräder gibt. Damit lässt sich das Einkaufen erheblich beschleunigen. Zum Abendbrot wurde gegrillt und als hätte man es sich nicht denken können, reichten 2 Steaks pro Person nicht wirklich aus und so gab es Zwiebeln, die sind ja eh gesünder. Spät abends kam dann Thomas bei und an, der den Rücktransport unseres Kutters übernimmt.

Samstag, 11.08. (Tobias)

Nach einer Woche geht heute nun unsere Kutterwanderfahrt zu ende. Entgegen der anderen Tage standen wir heute schon gegen 7:15 Uhr auf um alles gut zu schaffen. Nach dem abplanen des Kutters frühstückten wir. Die Kuttersegel wurden bereits am Vortag abgebaut. Als wir gegen dreiviertel neun immer noch beim Frühstück saßen, kam hektisch der Hafenmeister auf seinem Klappfahrrad vorbei und wies uns daraufhin, dass Punkt 9:00 Uhr der Kran gehoben wird. Also ließen wir das Frühstück stehen und liegen und legten schnell noch die Masten des „August“. Somit war der Kutter fertig zum Kranen. Währenddessen stellte Thomas unseren Hänger am Kran bereit. Ein letztes Mal für diese Fahrt wurde der Motor angeworfen und in den benachbarten Hafen gefahren, gleich direkt in die Gurte des Krans hinein. Einen kurzen Moment später schwebte der Kutter dann aus dem Wasser. Es ist schon beeindruckend, wie klein unser 7,50 Meter langes und 1,3 Tonnen schweres Boot am Kran wirkt. Während Oskar und Nils die Kranaktion fotografisch dokumentierten, platzierte der Kranführer mit Hilfe von Thomas, Tom und mir den Holzkutter passgenau auf dem Hänger. Das anschließende Kärchern des Unterwasserbereichs musste dann recht schnell gehen. Das nächste Boot hing bereits am Kran und das übernächste Boot lag schon vor dem Kran am Steg. Während Nils und Oskar den Unterwasserbereich von Algen, Schwämmen und anderen Dingen befreiten, luden Thomas und ich das Auto ein. Motor, Ruderblatt, Anker, Leiden, Fender, Segel, da kommt schon eine ganze Menge zusammen. Zeitgleich kümmerte sich Tom um das Mittagessen. Als letzte gemeinsame Mahlzeit bereitete er uns einen schmackhaften Linseneintopf. Gegen 11:45 traten wir schließlich die Heimreise an.

Nach einer ca. vierstündigen Autofahrt erreichten wir den heimischen Loschwitzer Hafen. Ganz besonders möchten wir uns bei Thomas und der Technischen Universität Dresden für die tatkräftige Unterstützung des Rücktransports bedanken. Dieses Engagement hat die Fahrt erst möglich gemacht, vielen herzlichen Dank!

Für mich als Kutterführer ist es dann immer ein ganz besonderer Moment, wenn die Jugend bei der Verabschiedung strahlend vor mit steht und fragt, ob es im nächsten Jahr wider eine Wanderfahrt geben wird. Dies lässt ganz schnell alle kleineren und größeren Probleme der Vorbereitung vergessen. Mit dem guten Gefühl, mit einer begeisterten Kuttermannschaft unterwegs gewesen zu sein, neues Wissen und Fertigkeiten vermittelt zu haben und ein neues Segelrevier erkundet zu haben, schwang ich mich dann auf mein Fahrrad und radelte nach Hause. Diese Eindrücke werden noch lange nachhallen.

Mal sehen, wohin im nächsten Jahr die Reise geht. Entweder entgegen dem Strom in Richtung Quelle, oder mit dem Strom in Richtung Meer.